Die XT 550

1976 kam mit der XT 500 die ‚Mutter aller Enduros‘ auf den Markt und eroberte diesem im Sturm. Fortan sah man viele Abenteurer mit diesem Motorrad um die Welt reisen und auch bei der Paris-Dakar glänzte sie mit vielen Top-Platzierungen. Das war wohl auch der Grund, weshalb dieses Modell trotz Nachfolger noch bis 1989 gebaut wurde. Doch die Technologie blieb nicht stehen und so begann Yamaha Anfang 1980 damit, die Produktpalette zu erweitern und ein neues Modell zu entwickeln. Im Jahre 1982 wurde sie dann bei der Paris-Dakar der Öffentlichkeit vorgestellt: Die XT 550.

Yamaha XT 550

Yamaha XT 550

Sie hatte einen völlig neu konzipierten Rahmen ohne Unterzug. Das Konzept, den Öltank in den Rahmen zu integrieren wurde von der XT 500 übernommen. Das Hinterrad wird in einer Cantilever-Schwinge mit Mono-Federbein geführt.

Rahmen und Ölkreislauf

Rahmen und Ölkreislauf

Angetrieben wurde sie durch den ersten Vierventil Einzylinder mit 558 ccm und 38 PS .

Die Gemischaufbereitung übernahm das neue YDIS Doppelvergasersystem. In Kombination mit den vier Ventilen wurde die Ansaugmenge erhöht, was auch eine Leistungssteigerung zur Folge hatte.

Yamaha Dual Intake System

Erfolge

Wieviele Erfolge die XT550 in Enduro- und MotoCross-Wettbewerben aufweisen konnte, kann nicht mehr ermittelt werden. Zwei Einsätze sind jedoch überliefert:

1982 schickte der Importeur Mitsui eine modifizierte XT550 in die Enduro-Saison. Im Gegensatz zu den Spezialmaschinen der Konkurrenz basierten die Änderungen auf Serienteilen anderer Yamaha Modelle, dementsprechend wenig Hoffnung setzte man in den Erfolg dieser Maschine.
Was niemand für möglich gehalten hatte, schaffte der Münchner Eddy Hau. Beim Europameisterschafts-Endlauf in Odenheim verwies er die KTM-Konkurrenz auf die hinteren Plätze und landete den Tagessieg, was ihm und seiner XT den Europameistertitel sicherte.
Für die Umbauarbeiten war Werner Heuer verantwortlich.

Die Modifikationen gestalteten sich denkbar einfach:

  • Tacho, Drehzahlmesser, Blinkanlage und Scheinwerfer wurden entfernt und durch eine leichtere Startnummernmaske mit rechteckigem Scheinwerfer ersetzt.
  • Die vorne weit hochgezogene Sitzbank stammt von einer 82er YZ490, dem MotoCross-Modell von Yamaha.
  • Die etwas schwach und mit wenig Federweg dimensionierte Gabel wurde durch die Gabel aus der YZ490 ersetzt, mit 43mm Durchmesser und 300mm Federweg. Das damalige Reglement sah für Wettbewerbs-Enduros einen maximalen Federweg von 260mm vor, weshalb man kurzerhand die Kolbenstangen um 40mm abgeschnitten hat.
  • Das Vorderrad stammt ebenfalls aus der YZ490 und hat eine Doppelnockenbremse, was eine weitaus bessere Verzögerung bei exaktem Druckpunkt ermöglichte.
  • Die Schwinge wurde durch eine Cantilever-Schwinge aus der IT 465 ersetzt. Diese wurde um 20mm gekürzt.
  • Die Bremsankerplatte stammt ebenfalls von der IT 465.
  • Gefedert wurde die Schwinge durch das in Zug- und Druckstufe einstellbare Federbein der YZ-Modelle mit Ausgleichsbehälter, der am oberen Rahmenrohr befestigt war. So kam die XT550 auf einen hinteren Federweg von 254mm. Die Achsaufnahme der Schwinge war nach hinten offen, was einen schnellen Radausbau ermöglichte. Eddy Hau benötigte für die Reparatur eines Platten am Hinterrad gerade mal 5 Minuten, mit dem mitgeführten Werkzeug.
  • Ein Eigenbau-Hauptständer erleichterte den Radausbau.
  • Die Bodenfreiheit wurde durch die längeren Federwege von 260 auf 310mm vergrößert, die Sitzhöhe wuchs von 860mm auf stolze 970mm.
  • Der Zylinder wurde auf 104 Millimeter aufgebohrt und erhielt eine Gußlaufbuchse. Damit wurde der Hubraum auf 660ccm und die Leistung auf 44 PS erhöht. Der Kolben kam  vom Porsche Carrera, wurde auf der Drehbank gekürzt und bekam Ventiltaschen eingefräst. Zylinderkopf und Motorgehäuse wurden ebenfalls angepasst. Weder Verdichtung noch Nockenwelle wurden geändert.
  • Der Luftfilterkasten wurde vergrößert, um das Mehr an Luftdurchsatz auszugleichen.
  • Der Entschalldämpfer stammte ursprünglich aus der 76er Ur-XT500, wurde später durch ein Konstrukt aus dünnem Alublech ersetzt.
  • Trotz der Abspeckmaßnahmen war die Hau-550er mit 147kg (vollgetankt) 2 kg schwerer als die Serienversion.

Nach der so von Werner Heuer (damals Sportchef von Mitsui) konzipierten Maschine wurden vom Yamha-Importeur Kurt Tweesmann vier Motorräder aufgebaut und den beiden Fahrern Eddy Hau und Werner Schütz zur Verfügung gestellt. Tweesmann übernahm auch die technische Betreuung. Die XT von Eddy Hau war übrigens das einzige Motorrad, das über die gesamte Rennsaison 1982 keinen technischen Ausfall hatte.

Ebenfalls 1982 gingen zwei XT 550 Sonauto-Werksmotorräder bei der Rallye Paris-Dakar an den Start. Diese waren zwar um den Serienrahmen aufgebaut, jedoch deutlich modifiziert. Da die Umbauten erst einige Tage vor dem Start fertig wurden, gingen die beiden Maschinen quasi ohne Testphase in das Rennen.
Beide 550er lagen bis zum vorletzten Tag der Rallye in Führung. Durch Fehlnavigation verlor Michel Merel sehr viel Zeit. Jean-Paul Mingels stürzte aufgrund eines Roadbook-fehlers knapp 250km vor Dakar bei voller Fahrt mit über 120 km/h in eine Erdspalte und zog sich dabei etliche Frakturen zu.

Leider war das der einzige Einsatz der XT 550 als Werksmotorrad bei der Paris-Dakar. Ein Jahr später ging die XT 600 Z Ténéré an den Start.

Folgende Modifikationen hatten die Sonauto-550er:

  • Federbein und Schwinge hinten aus der IT 465 mit 270mm Federweg
  • Doppelnocken-Trommelbremse hinten
  • YZ 490 Gabel vorne mit 300mm Federweg
  • Scheibenbremse vorne aus der XJ 650
  • verstärkte Felgen mit sechslagigen Good-Year-Reifen
  • Scheinwerfer von der IT 465
  • 551ccm mit 40 PS
  • Papierluftfilter
  • 42 Liter Stahlblechtank
  • Sitzhöhe 970mm
  • 152 kg Trockengewicht
  • Besonders stark gepolsterte und mit Wildleder überzogene Sitzbank

Na ja, es gibt noch einen unscheinbaren, persönlichen Erfolg: 2006 gewann ich mit meiner XT550, die damals schon 24 Jahre alt war und über 250.000km auf dem Buckel hatte, die EnduRoMania. Meine XT war mit Abstand das älteste Motorrad am Start und wurde von den KTM und WR-Treibern müde belächelt.
Mit 115.000 gesammelten Punkten lagen wir mit großem Abstand vorne – die Zweitplatzierten hatten gerade mal 45.500 Punkte auf dem Konto. Das hatten wir schon am zweiten Tag. Vielen Dank meinen Teamkollegen Possi und Heinrich!

Folgende ‚Modifikationen‘ hatte meine XT550 😉

  • Heckgepäckträger mit zusätzlicher Werkzeugtasche
  • 20l Acerbistank
  • progressive White Power Gabelfedern vorne
  • progressive Wilbers Feder am hinteren Federbein
  • Tankrucksack von der billigen Sorte (Louis)
  • Vollsynthetiköl
  • Ölthermometer (wäre aber besser ohne 😉 )
  • Sollbruchstellen an Kupplungs- und Bremshebel

Außer einem abgebrochenem Bremshebel hatte ich keine technischen Probleme.